Interview mit Annett (Assistenz im Alltag)

Interview mit Annett (Assistenz im Alltag)

Warum hast du dich als Assistenz für Menschen mit Behinderung beworben?

“Ich war jung und brauche das Geld.” Nein, im Ernst: ich lebe mit einem
behinderten Menschen zusammen. Der Assistenznehmer hat ein ähnliches
Problem und ich kannte mich damit aus. In der Folge habe ich auch bei
anderen gearbeitet.

In welcher Rolle siehst du dich bei der Arbeit als Assistenz?

Lieber als Arbeitnehmerin, als als “Freundin” oder “Mutterersatz”. Ich
finde das Nähe-Distanz-Verhältnis in der Assistenz schwierig.

Welche Aufgaben hast du an einem Tag auf Reisen zu erledigen?

Alles, was sonst auch anfällt, außer Wohnung putzen.

Wie lautet dein Motto/deine Motivation?

Ich habe kein ” Motto”. Es ist eine win-win-Situation.

Welche Verbindung gibt es zwischen dir und den Assistenznehmern?

Ein Arbeitsverhältnis. Seine Pläne, sein Urlaub. Ich kann Vorschläge
machen, aber ich arbeite dort. Mein eigenes Leben ist in der Zeit
eigentlich “suspendiert”.

Welches Reiseziel oder Erlebnis mit deinen Mitreisenden hat dich bisher
am meisten berührt und warum?

Ich war mit einer Assistenznehmerin, deren Eltern schon verstorben
waren, bei einem anderen Teil der Familie im Ausland. Es wurden
Kindheitsfilme geschaut…aus einer Zeit, in der “alles noch in Ordnung”
war. Einerseits war meine Assistenznehmein sehr glücklich…andererseits
sehr traurig.

Wie reagieren die Menschen in deinem Umfeld darauf, wenn du von deiner
Tätigkeit erzählst?

Sie können sich die Assistenztätigkeit überwiegend nicht vorstellen. Schon gar
nicht, das “mehrere Tage lang gar nicht aus dem Arbeitsmodus rauszukommen”.

Was würdest du jedem, der auch als Assistenz arbeiten möchte, mit
auf den Weg geben?

Er soll auf sich achten, hinreichend lange Pausen vereinbaren, damit er
auch mal was alleine unternehmen kann. Man fühlt sich sonst bald
irgendwie “sklavenartig”, obwohl das niemand will. Es ist etwas anderes, als
wenn man mit einem Freund verreist. Das Geld steht meiner Erfahrung
nach dazwischen. Es schafft eine Art ” Anspruch” auf Zurückstellen
eigener Interessen, während man sich in einem “normalen” sozialen
Kontext beide den Plan bestimmen würden und auch der behinderte
Mensch eher Kompromisse machen müsste.

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