Die Idee
Den Wunsch, einmal mit allem Drum und Dran ein Festival zu besuchen, hatte ich schon sehr lange. Ich wollte es einfach machen, der Rollstuhl sollte mich nicht daran hindern. Auf meinen Reisen mit YAT hatte ich echt tolle Persönlichkeiten kennengelernt, mit einigen der Leute war ich mittlerweile richtig gut befreundet und was so Sachen wie Duschen anging waren diese Leute auch super. Obwohl, wieso duschen auf einem Festival??
Also schrieb ich einen Aufruf in den von mir erstellten Gruppen-Chat, mit allen Assistenten, die ich bisher Kennenlernen durfte, und wartete hoffnungsvoll auf eine Antwort.
Ein paar Tage später, ich hätte es wissen müssen, meldete sich ein wirklich guter Freund von mir. Ganz klar, er war der perfekte Partner für diese Unternehmung, genauso abenteuerlustig wie ich und vor allem sah er mein/unser Vorhaben keineswegs als kompliziert an! Meinen Vorschlag, man könne ja im Hotel nächtigen, lehnte er sofort ab. Bei einem Festival müsse man auf dem Zeltplatz schlafen. Im Nachhinein bin ich sehr froh, auf ihn gehört zu haben, denn die Atmosphäre dort war wirklich mit das Beste an diesem Wochenende.
Lange Rede, kurzer Sinn: Etwa ein Jahr vorher, im Vorverkauf, bestellte ich dann unsere Karte(n).
Achtung: Natürlich habe ich mich vorher beim Veranstalter informiert. Bei diesem Festival ist es so, dass man als Rollstuhlfahrer in Begleitung nur eine Karte (Stand 2015: 104 €) zahlen muss, beide bekommen trotzdem ein Bändchen. Es ist nur eine Karte und der Behindertenausweis notwendig. Und noch was: Ihr solltet vorher auch auf jeden Fall das Vorhandensein von Rollstuhl-Dixis erfragen, da diese nicht automatisch gegeben sind.
Die Anreise am 21.05.2015
Für den Anfang sollte es ein Festival sein, was nicht zu riesig und was von Zu Hause auch schnell zu erreichen war. Da auch einige Freunde von mir schon dort gewesen waren, entschied ich mich für das Sputnik Spring Break auf der Halbinsel Pouch bei Bitterfeld. Die Halbinsel ist von meinem Heimatort Lutherstadt Eisleben etwa eine Stunde und 10 Minuten entfernt. Infos zur Anreise findet ihr unter folgendem Link: https://www.sputnik.de/springbreak/service/ssb-faq100.html
Dimi, mein Freund und Begleiter, hatte an diesem Tag noch Uni und so machten wir uns an diesem Abend gegen 22:00 Uhr auf den Weg Er war vorher aus der Nähe von Stuttgart gekommen und hatte somit schon fast 6 Stunden Fahrt hinter sich. Wir hatten uns lange nicht mehr gesehen, hatten also viel zu erzählen, gute Laune und waren auf die nächsten Tage sehr gespannt. Ihr müsst wissen, dass man auf der Halbinsel schon seit dem Morgen des 20.05.2015 (Mittwoch) anreisen konnte. Eine gute Stunde später, zum Glück war der gröbste Stau für heute schon vorüber, standen wir vor der Entscheidung, auf welchen Zeltplatz wir jetzt mit unserem Auto fahren sollten. Die Ordner wollten uns auf den ruhigeren der beiden Plätze lotsen, wir aber wollten natürlich mitten ins Geschehen. Er warnte uns ein wenig übertrieben davor, wie voll es doch sei, doch dieses Risiko wollten wir eingehen. Während des heutigen Tages hatte ich mich gefragt, was wir wohl für Zeltnachbarn bekommen würden. Das Problem regelte sich allerdings ganz von allein: Hannes, Jasmin und Miriam standen am Straßenrand und suchten auch noch, uns hatten sie als die passenden Nachbarn auserkoren. Darauf ein Bier! Tag 1 (22.05.2015) Eines müsst ihr wissen: Ausschlafen ist beim Festival nicht drin, entweder werdet ihr von der lauten Partymusik geweckt oder ihr werdet einfach wach, weil es schon gegen morgens um acht unangenehm warm in eurem Zelt ist. Aber keine Sorge, nach dem zweiten Abend ist man so müde, dass man nur noch schläft und alles um sich herum ignorieren kann. Doch in unserem Fall war das frühe Aufstehen gar kein Problem, denn viele andere Leute waren schon am Frühstücken, auch unsere Nachbarn. Also aßen die ein Brötchen mit Nutella und wir schmissen den Grill an, jeder wie er´s mag. Nach dem Frühstück gingen Dimi und ich auf Erkundungstour, ohnehin mussten wir unsere Karte gegen zwei Bändchen eintauschen. Das Festivalgelände wird durch einen kleinen Wald vom Zeltplatz getrennt, mit dem Rollstuhl braucht man ungefähr 10 Minuten, um es zu erreichen (Schiebehilfe durch Begleitung vorausgesetzt). Das sauberere Rollstuhl-Dixi von beiden befand sich kurz vor der Hauptbühne im Zelt des Deutschen Roten Kreuz, das zweite stand direkt neben der Hauptbühne, war aber, wie viele andere Dixis auch, nicht zu empfehlen. Wie sind die Wege zu bewerten? Ja, natürlich ist die Antwort auf diese Frage sehr wichtig für alle Gehbehinderten und Rollstuhlfahrer. Doch ich kann euch beruhigen: Der Zeltplatz ist mit Platten ausgelegt, zwischendrin fährt man über ein Stück Schotterweg, durch den Wald führt eine Asphaltstraße und kurz vor der Hauptbühne gibt es wieder etwas Schotterweg. Das Festival mit einem elektrischen Rollstuhl zu besuchen erscheint mir ungünstig, jedoch sollte die Bodenbeschaffenheit mit einem Aktivrollstuhl und einer Begleitperson kein allzu großes Problem darstellen! Die Kasse, an der man die Karte eintauschen kann, befindet sich neben der Sputnik-Redaktion vor der Hauptbühne. Plant für das Eintauschen etwa eine Stunde ein und haltet eure Karte und den Behindertenausweis (wenn vorhanden) bereit.
Ich trage es heute immer noch und ich freue mich jeden Tag darüber.
Nachdem wir uns wieder auf dem Zeltplatz einfanden, genehmigten wir uns, mit Jasmin, Miriam und Hannes, ein Belohnungs-Bier und ein Mittagessen, Dosenravioli und Gegrilltes standen heute auf dem Speiseplan. So muss das sein! Später haben wir noch ein paar Selfies gemacht und den Abend geplant. Jeder soll seine eigenen Party-Erfahrungen machen, deswegen werde ich nicht zu viel dazu sagen.
Alles, was ich brauch´, ist meine Gang. …
Doch auf einem Festival geht es ja natürlich auch um die Künstler, die geboten werden. Es gab auf dem Gelände drei bis vier Bühnen. Ich weiß es nicht genau, da wir uns meistens bei der Hauptbühne, der Main-Stage, aufhielten.
Für uns heute interessant: Teesy, Gestört aber Geil, Robin Schulz und Cro.
Sehr angetan waren wir auch von der Tatsache, dass es vor der Bühne eine Rollstuhltribüne gab, da es in den ersten Reihen wohl etwas heftiger zuging. Am ersten Abend durften unsere Freunde leider nicht mit nach oben. Da es irgendwann doch zu zweit zu langweilig wurde, haben wir es uns dann trotzdem nicht nehmen lassen, auch mal in der Menge zu feiern.
Da soll mir nochmal jemand irgendwas von Außenseiter erzählen
Tag 2 (23.05.2015)
In der Sonne chillen, grillen, Bier und diverse andere Sachen trinken und einfach nur Spaß haben, all das gehört zum Festival und zum Feiern, wenn man die Schule oder die Ausbildung fast geschafft hat. Ja, und das genossen wir ausgiebig!
Doch ein sehr zeitaufwendiger Tagesordnungspunkt stand nun an, Duschen. Zeitaufwendig deswegen, weil wir eine Stunde vor den Duschcontainern warten mussten.
Das Duschen würde ich nicht empfehlen, da die einzelnen Kabinen in den Containern so winzig (1m²) waren, dass gerade so ein Stuhl zum Hinsetzen, jedoch kein zweiter Mann reingepasst hat. Außerdem ist das Wasser öfter alle und nicht immer warm. Aber Schließlich ist man ja auf dem Festival, um verschwitzt zu feiern und nicht immer ganz sauber zu sein!
Abends beschlossen wir dann nach unserer Zeltplatzparty gemeinsam aufs Festivalgelände zu gehen. Heute für uns auf dem Programm: Die Fantastischen Vier, Lexy & K-Paul und später dann die Ostblockschlampen. Dank der netten Security durften wir heute alle fünf auf die Tribüne und der Stimmungslevel war schnell ganz oben angelangt.
Tipp: Eigene Getränke sind auf dem Festivalgelände nicht erlaubt und leider machen sie da auch keine Ausnahmen! Essen und Trinken könnt ihr euch zu Festivalpreisen auf dem Gelände kaufen.
Wie nah oder fern ihr auf der Rollstuhltribüne von der eigentlichen Bühne entfernt seid, seht ihr auf dem nachfolgenden Bild. Und auch ein Bild des schönen Feuerwerks, was jeden Abend mehr oder weniger stattfand, ist nachfolgend zu sehen. Natürlich auch eines unserer Partybilder. So ging ein weiterer, sehr schöner Abend zu Ende und wir fielen nur noch todmüde in die Zelte
Entfernung zur Bühne
Was für ein Anblick
Feuer frei, wirklich tolle Show!
Mal ein Foto mit dem besten Festival-Begleiter Dimi, nicht mehr ganz so frisch. … Ihr müsst euch darauf einstellen, dass die letzte Band teilweise bis früh um drei spielt, ist ja aber keine Pflicht, alles zu sehen. Das haben wir auch nicht gemacht. Tag 3 (24.05.2015) Heute war es uns möglich, endlich einmal wieder bis morgens um 10 zu schlafen. Nach dem Aufstehen folgte ein gutes Frühstück, diesmal mit Nutellabrot. Als unsere Nachbarn sich bis zu den Duschen und wieder zurück gequält hatten, lagen wir in der Sonne und tranken das Ein oder Andere mit neuen Bekanntschaften. Jeder wollte meinen Rollstuhl testen und ich sah im Campingstuhl amüsiert dabei zu. Dimi und ich beschlossen am späten Nachmittag, bei den Ständen auf dem Festivalgelände zu essen. Für mich hieß das, Dürüm-Doner zum Festivalpreis. Anschließend machten wir uns zu fünft langsam auf den Weg, die 257ers, Fritz Kalkbrenner und Deichkind waren angesagt. Auf Deichkind freute ich mich die ganze Zeit, also sicherten wir uns um 20:15 Uhr schon gute Plätze und wurden zu der Partymusik der 257ers langsam warm. Auch heute waren die Bands wieder richtig gut und das Abschlussfeuerwerk war gigantisch. Wir schauten uns noch kurz Nero an und danach folgte eine viel zu kurze Nacht. Bilder von diesem Tag gibt’s jetzt:
Auf geht´s zur Bühne. Mein Lieblingsfoto des Wochenendes.
Was für ein Abschluss
Die Abreise am 25.05.2015 Heute reisen wir schon gegen halb 10 ab, um dem schlimmsten Stau zu entgehen. Schön war´s, aber jetzt waren sicherlich alle froh, wieder im warmen Bett zu schlafen. Hoffentlich trifft man sich im nächsten Jahr wieder!
Natürlich sehen wir alle völlig fertig aus! Fazit: Der Service auf dem Spring Break ist ziemlich großartig, denn es gibt eine Einkaufsmöglichkeit und durch den täglichen Abtransport auch einigermaßen saubere Dixis. Da das Festival vergleichsweise klein ist (25.000 Menschen), geht es ganz locker dort zu. Die Menschen sind sehr hilfsbereit und für Rollstuhlfahrer ist mit der Tribüne und dem Dixi eigentlich bestens gesorgt. Duschen ist eine Sache, die nicht so leicht möglich ist und allgemein ist ein Festival körperlich sehr anstrengend (für jeden wahrscheinlich). Mit viel Schlaf dürft ihr nicht rechnen. Jedoch ist das Preis-Leistungsverhältnis wirklich sehr gut und der Spaßfaktor auf alle Fälle garantiert. Wer Lust bekommen hat, sollte sich im nächsten Jahr zeitig um Karten bemühen. Vielleicht sieht man sich ja. …
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